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Was zeichnet die IT aus?
Die Frage nach einer kontemporären Standortbestimmung setzt zunächst eine kurze Erklärung der IT-Branche als solcher voraus. Informationstechnik ist, generell gesprochen, das Fundament, auf dem das Wirtschaften im digitalen Raum fußt. Die sachgerechte Kontextualisierung bzw. Interpretation der jeweils eingegebenen Daten steht dabei im Fokus und bildet zusammen mit der Entwicklung immer neuer Tools einen wichtigen Teilaspekt einer jeden Aktivität im digitalen Raum ab. Elektronische Datenverarbeitung (EDV) ist aus unserer schnelllebigen Welt nicht mehr wegzudenken und zeichnet sich als bedeutsamer Teilaspekt der IT verantwortlich für eine generelle Stabilität wirtschaftlicher Aktivität in Zeiten instantaner Kommunikation und latenzarmer Reaktionsfähigkeit.
„Rasender Stillstand“ und die Eigenheiten der Infrastruktur
Wer sich im Umfeld der IT-Beratung umblickt, dem wird schnellbewusst, dass bei aller (Selbst-)Sicherheit ein wesentlich impulsiver Wandel immer mitzuschwingen scheint: in jedem Projekt, bei jeder Unternehmung geht es darum, etwas Neues zu schaffen, das aber trotz allem anschlussfähig an bereits Bestehendes bleibt. Die Tatsache, dass jede informationstechnische Lösung letztlich in Resonanz mit den jeweiligen Branchen, in denen sie eingesetzt wird und den mit ihnen einhergehenden Eigenlogiken funktionieren muss, zeigt wie gewieft sich IT-Expert:innen heute verhalten müssen; es geht eben darum, die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden zu antizipieren und diese sukzessive inkohärenten Code zu übersetzen. Der Zwiespalt, in dem sich die IT-Branche ganz generell wiederfindet, lässt sich grob mit Paul Virilios Dogma des rasenden Stillstands beschreiben, der einen Zustand wahrgenommener Bewegungslosigkeit auf der Grundlage unterschwelliger Höchstgeschwindigkeit bezeichnet. So mag es für den Kunden so wirken, als würde lediglich ein evolutionäres Upgrade der bisherigen Infrastruktur vorgenommen, für die Beteiligten auf Entwicklungsseite steht hingegen häufig die grundlegend innovative Reform eines in die Jahre gekommenen, mit allerlei Legacy Code überladenem Status Quo im Vordergrund.
Die Arbeit am Fundament einer jeden wirtschaftlichen Tätigkeit ist ebenso wichtig, wie sie häufig glanzlos daherkommt: der fundamentale Wandel an der Basis ist die Voraussetzung für die nutzungsorientierte Kontinuität an der Oberfläche. “You only notice infrastructure upon breakdown”, soll heißen: so lange ein Prozess funktioniert macht man sich gemeinhin wenig bis gar keine Gedanken um die zugrunde liegenden Sachverhalte bzw. die respektiven (materiellen) Bedingungen des Funktionierens an sich. Es ist erst in dem Augenblick, in dem etwas nicht funktioniert, in dem uns die Wichtigkeit intakter Infrastruktur bewusst vor Auge tritt. Polemisch ließe sich formulieren: gerade IT-Systeme müssen ein gewisses Maß an Langeweile versprühen, auf dass sie eine unauffällige, gleichsam funktionale Existenz im Hintergrund zu fristen vermögen.
Gerade IT-Systeme müssen ein gewisses Maß an Langeweile versprühen, auf dass sie eine unauffällige, gleichsam funktionale Existenz im Hintergrund zu fristen vermögen.
Verbing the nouns – immer schön kontingent bleiben
Da sich unser gegenwärtiges Zeitalter generell als eine Geschichte der Beschleunigung erzählen lässt, bei der eben keinen Stein auf dem anderen bleibt, entsteht ein Innovationsdruck, der dazu zwingt, immer up-to-date sein zu müssen. Die fluide Praxis in den Vordergrund zu rücken und ein proto-fixes Sein außer Acht zu lassen, ist das Gebot der Stunde. Entsprechend kann es als gewinnbringend angesehen werden, die Sprache von starren Nomen auf flexible Verben umzustellen. Von instantaner Kommunikation rund um den Globus, über gesteigerte Reisegeschwindigkeiten für Personen und Waren, bis hin zu schnelllebigen Trends in allerlei Lebensbereichen geht es bisweilen schwindelerregend zu. Ein wesentlich gesteigertes Maß an geforderter Flexibilität tut sein Übriges diese Situation zu eskalieren. Die Rolle, die IT-Dienstleister in diesem Zusammenhang spielen, ist gleichzeitig eine solche, die eine notwendige Synchronisation ermöglicht, gleichzeitig aber eben immer auch ein visionäres Vorausdenken impliziert. Als IT-Expert:innen müssen wir immer in Bewegung bleiben, gedanklich und konzeptionell mindestens einen Schritt voraus sein, um unseren Kunden die notwendige Infrastruktur bereitstellen zu können, auf deren Grundlage sicheres Wirtschaften überhaupt erst möglich wird. Das Netzwerk, dessen Aufbau wir uns verschrieben haben, ist weniger ein monolithisches Ding als vielmehr eine emphatische Praxis, ein nachgerades Netzwerken. Ohne konstant stattfindende kommunikative Tätigkeit, d.i. ohne den gelingenden Austausch von Informationen, wäre der Mehrwert einer konsistenten IT-Infrastruktur ungleich kleiner bzw. überhaupt nicht vorhanden. IT-Expert:innen, so ließe sich schließen, sind Ermöglicher:innen: sie treten nur in den seltensten Fällen aktiv ins Rampenlicht, sind allerdings unverzichtbare Garanten für den Erfolg in einer hochgradig dezentralen Gegenwart.
So ist denn auch eine Standortbestimmung nur in Relation zur respektiven Umwelt vorzunehmen. Unaufgeregtes, gleichsam kontinuierliches Tun ist in der IT-Welt wesentlich wichtiger als die Beschreibung statischer Ist- und Seins-Zustände. Ändert sich der Kontext, müssen auch wir unsere Daseinsform überdenken, was wiederum einen Einfluss auf die an uns gestellten Ansprüche haben kann und wird. Ad infinitum…