Viele Akteure der digitalen Welt streben danach, Technologie so menschenähnlich wie nur irgend möglich zu gestalten. Ob humanoide Roboter, computergenerierte Gesichter oder animierte Charaktere – je realistischer sie aussehen, desto beeindruckender erscheinen sie. Doch genau hier liegt ein Problem: Je näher eine künstliche Figur oder ein Roboter dem Menschen kommt, desto eher überkommt viele Individuen ein gewisses Unbehagen. Dieser Effekt, auch bekannt als Uncanny Valley, kann eine Vielzahl von Projekten negativ beeinflussen.
Was ist der Uncanny-Valley-Effekt?
Der Begriff Uncanny Valley wurde von dem japanischen Robotiker Masahiro Mori geprägt. Er beschreibt das Phänomen, dass menschenähnliche Roboter und künstliche Animationen bei Betrachter:innen ein unheimliches Gefühl auslösen können, wenn sie „fast“, aber eben nicht vollständig menschlich wirken. Wenn etwas nur ansatzweise wie ein Mensch aussieht, nehmen wir es als freundlich und sympathisch wahr. Doch je näher die künstliche Darstellung dem Menschen kommt, desto genauer und kritischer betrachten wir jedes Detail. Sobald etwas „off“ wirkt – sei es die Mimik, der Blick oder die Bewegungen –, rutschen wir sprichwörtlich ins Uncanny Valley und empfinden die Figur als unheimlich oder störend.
Ursachen des Uncanny-Valley-Effekts
Der Uncanny-Valley-Effekt hat psychologische und neurobiologische Ursachen. Menschen sind von Natur aus sehr gut darin, Gesichter, Bewegungen und emotionale Signale zu lesen. Ein Gesicht, das wie ein Mensch aussieht, aber „falsch“ wirkt, löst Alarm aus, da wir intuitiv spüren, dass etwas nicht stimmt. Studien legen nahe, dass unser Gehirn bei Abweichungen von realistischen menschlichen Merkmalen eine Art kognitive Dissonanz erlebt. Eine solche Unstimmigkeit kann schnell zu einem Gefühl des absoluten Unwohlseins führen, da wir die künstliche Darstellung als nicht vertrauenswürdig oder gar bedrohlich wahrnehmen.
Beispiele für den Uncanny-Valley-Effekt in der Praxis
Der Uncanny-Valley-Effekt ist besonders in Bereichen relevant, in denen explizit menschenähnliche Darstellungen verwendet werden.
• Film und Animation: In vielen Filmen werden digitale Charaktere geschaffen, die sehr menschenähnlich aussehen sollen. Wenn ein solcher Reproduktionsprozess zu weit getrieben wird, kann eben jener Effekt einsetzen, den wir mit dem Uncanny Valley zu beschreiben pflegen.
• Humanoide Roboter: In Japan und anderen Ländern mit entsprechend kritischer Demografie werden vermehrt humanoide Roboter in der Pflege eingesetzt. Je menschenähnlicher solche Roboter aussehen, desto höher ist oft das Unbehagen bei älteren Menschen. Sie empfinden die Maschinen häufigals unheimlich und wünschen sich lieber eine eindeutig als „Roboter“ erkennbare Maschine. Soziale Interaktionen bleiben dann menschlichen Wesen vorbehalten.
• Videospiele und Virtual Reality: Auch in Videospielen zeigt sich der Effekt. Fast echt wirkende Charaktere oder Avatare können das Spielerlebnis stören, wenn die Bewegungen oder die Mimik überaus realistisch daherkommen, sich jedoch hier und da Glitches einschleichen.
Warum Sorgfalt auch hinsichtlich der Softwareentwicklung geboten ist
Auch für Softwareentwickler:innen ist es entscheidend, den Uncanny-Valley-Effekt zu verstehen, denn menschenähnliche Darstellungen und Interaktionen sind nicht mehr nur im Bereich der Robotik oder Animation relevant. In vielen Softwareprojekten, wie in Virtual-Reality-Umgebungen, oder entsprechender SaaS, bzgl. des Umgangs mit Chatbots oder sogar im Zusammenhang mit Benutzeroberflächen, spielen menschenähnliche Interaktionen und Darstellungen eine zunehmend große Rolle. Wenn Softwareentwickler:innen den Uncanny-Valley-Effekt berücksichtigen, tragen sie zur Verbesserung der Nutzererfahrung bei und vermeiden das besagte Unbehagen oder Misstrauen, das durch unheimliche, „fast menschliche“ Interaktionen entstehen kann.
Gerade, wenn es um die zusehends starke Nutzung von KI in Bereichen geht, die lange Zeit eine Domäne der menschlichen Intervention waren, kann es als besonders kritisch gelten, soziale Interaktionen zu kontaminieren. Die Gefahr, die etwa von sogenannten „Deep Fakes“ ausgeht, liegt so vor allem in einem nachhaltigen Vertrauensverlust begründet, der sich einstellt, sollte die techno-soziale Camouflage auffliegen.
Fazit: Sorgfältiges Vorgehen zahlt sich immer aus
Der Uncanny-Valley-Effekt verdeutlicht die feinen Grenzen, die es bezüglich der konkreten Ausgestaltung von Technologie im 21. Jahrhundert einzuhalten gilt. Ein Design, das der menschlichen Wahrnehmung zuträglich ist, sollte daher stets mit Bedacht und Sorgfalt umgesetzt werden. Wer auf ein authentisches Nutzungserlebnis abzielt, sollte im Designprozess auch stets auf die psychologischen Aspekte eingehen und potenzielle Reaktionen der Nutzer:innen berücksichtigen. Sorgfältige Gestaltung zahlt sich am Ende immer aus, denn sie fördert das Vertrauen der Nutzer:innen und schafft eine angenehme, durchweg positive Erfahrung. Der Einsatz von menschenähnlichen Technologien hat großes Potenzial, das ich in Zukunft noch steigern wird – vorausgesetzt, man konzentriert sich auf die expliziten Details, die den feinen Unterschied zwischen vertraut und unheimlich ausmachen.